Die Wunderübung ist eine Methode aus der lösungsorientierten Kurzzeittherapie, welche von Steve de Shazer begründet wurde. Durch die Abwendung vom Problem zur Lösung eröffnen sich dem Klienten innerhalb kurzer Zeit neue Möglichkeiten.
Steve de Shazer war der Meinung, dass eine klassische Therapie, in welcher der Großteil der Zeit dafür aufgewendet wurde, sich mit dem Problem des Klienten zu beschäftigen, nicht besonders hilfreich ist. Dadurch, dass Probleme immer wieder thematisiert und genauestens analysiert werden, wird ihnen viel Aufmerksamkeit geschenkt und größere Macht gegeben, ohne ihrer Lösung näher zu kommen. Beeinflusst durch die Hypnosetherapie von Milton Erickson war sich De Shazer der Macht der Worte sehr bewusst. Ein weiterer Einflussfaktor für seine Arbeit war der Konstruktivismus, der davon ausgeht, dass wir uns unserer eigene Wirklichkeit erschaffen, und es keine absolute objektive Wirklichkeit gibt.
Basierend auf diesen Grundlagen entwickelte Steve de Shazer gemeinsam mit seiner Frau Insoo Kim Berg die lösungsorientierte Kurzzeittherapie. Dabei steht nicht das Problem im Zentrum, sondern die Lösung. De Shazer meinte, ein Therapeut müsse gar nicht unbedingt etwas über das Problem und seine Entstehung wissen, denn wenn dieses Wissen zu einer Lösung führen könnte, hätte der Klient sie schon selbst gefunden. Da wir uns gemäß dem Konstruktivismus durch unsere Gedanken unsere Wirklichkeit erschaffen, bekommt die Lösung allein deshalb einen Platz in unserer Welt, weil wir sie für möglich halten.
Die Wunderübung stellt dafür die Initialzündung dar und folgt einem einfachen und klaren Aufbau. Der Berater konstruiert die Welt der Lösung, indem er folgendes sagt „Stellen Sie sich vor, Sie schlafen, und über Nacht geschieht ein Wunder und Ihr Problem verschwindet. Das bekommen Sie aber nicht mit, weil Sie ja schlafen. Wenn Sie am nächsten Morgen aufwachen, merken Sie, dass etwas anders ist. Wem fällt als Erstem auf, dass das Problem verschwunden ist? Woran merken Sie das? Was ist dann anders? Wer verhält sich dann wie?...“.
So wird der Fokus vom Problem zur Lösung gelenkt, und es geht jetzt eigentlich nur mehr darum zu identifizieren, welche Schritte gesetzt werden müssen, um dort hin zu kommen. Im Idealfall ist dieses problemfreie Leben, in das sich der Klient bei der Wunderübung schon hinein versetzt hat, so erstrebenswert, dass er den Mut fasst, die nötigen Schritte zur Problemlösung zu unternehmen. Gleichzeitig wird auch die Praxistauglichkeit der Lösung überprüft, indem der Klient die Auswirkungen und Veränderungen durch die Lösung des Problems beschreibt. Manchmal zeigen sich so Nachteile der angedachten Lösung, sodass eine bessere Lösung gesucht werden muss. Diese kann auch das Behalten des Problems sein. Weil man sich gar nicht mit dem Problem selbst aufhält, „spart“ man in der Beratung viel Zeit, sodass der Begriff Kurzzeittherapie seine Berechtigung hat.