Den Placebo Effekt kennen wir alle: an sich wirkstofffreie Medikamente wirken, weil wir davon überzeugt sind, dass sie wirken. Doch es geht auch andersrum. In mehreren klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass „Placebos“ tatsächlich die Beschwerden hervorrufen können, die am Beipackzettel angeführt sind. Gedanken beeinflussen Körper und Seele.
Bekannt ist das Phänomen als „Nocebo-Effekt“ (nocebo, lat.= ich werde schaden). Walter P. Kennedy prägte den Begriff 1961 als Gegenstück zum „Placebo-Effekt“ (placebo= ich werde gefallen), den schon von Platon erkannt hatte. Der Apotheker Emil Coue stellte im 19. Jahrhundert fest, dass Patienten schneller gesund wurden, wenn er ihnen ihr Medikamenten überreichte und dabei lobte, welch exzellente Wahl der Arzt getroffen habe, denn das Medikament wirke sehr erfolgreich. Er wandte die Macht der Suggestion an, auf die Affirmationen aufbauen. Coue war der Meinung, jeder Gedanke sei bestrebt sich zu verwirklichen.
Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Wirkung, egal ob von Placebo oder Nocebo, vor allem auf der Erwartungshaltung und der Konditionierung beruhen. So wirken Schmerzstiller oft schon, bevor die Wirkstoffe im Körper an den Schmerzrezeptoren andocken können. Umgekehrt wurde 2007 auch ein Fall dokumentiert, wo ein Teilnehmer einer Medikamentenstudie einen Suizidversuch mit Medikamenten unternahm. Obwohl er nur Placebos bekam, befand er sich bald in einem sehr kritischen Zustand. So lange, bis er von den Placebos erfuhr.
Mit Hirnscans konnte man nachweisen, dass beim Nocebo-Effekt das Schmerzzentrum im Gehirn aktiv ist. Ebenso gibt es mehr Aktivität im Hippocampus, dem Sitz der Erinnerungen und Emotionen. Wenn Menschen negative Erwartungen haben, sinkt der Endorphinspiegel (= Glückshormone), und es steigt das Hormon Cholecystokinin, das als Neurotransmitter für Angst und Panik verantwortlich ist. Das Stresssystem ist aktiviert.
Ob ein Mensch eher für den Placebo- oder den Nocebo-Effekt anfällig ist, hängt wie schon geschrieben von seiner Erwartungshaltung ab. Diese wird von seinen Vorerfahrungen beeinflusst. Es kommt aber vor allem auf die grundsätzliche Lebenseinstellung des Menschen (sein Kohärenzgefühl) an: ist er eher ängstlich oder optimistisch.
Die Aufmerksamkeit folgt den Gedanken. Mit Sprache können wir Gedanken beeinflussen. Darum ist es wichtig, ob Ärzte sagen: „95% vertragen das Medikament gut“ oder „bei 5% gab es Nebenwirkungen“, und sogar die Formulierung „5 von 100 Menschen spürten Nebenwirkungen“ macht einen Unterschied. Aus demselben Grund ist es wichtig, mit sich selbst wohlwollend zu kommunizieren. Z.B. statt „ich mache alles falsch“ zu denken „das hat jetzt nicht funktioniert, aber der Rest lief gut“. Im Mentaltraining geht es genau darum: negative Gedanken zu stoppen, und in eine positive Richtung umzulenken, um sie so Wirklichkeit werden zu lassen.
Aber wie wird man negative Gedanken los? Schreiben Sie sie auf – und werfen sie den Zettel nachher weg. Falls Sie lieber am Computer schreiben – auch das funktioniert. Ziehen Sie die Datei in den Papierkorb! Dieser Tipp stammt vom Psychologen Richard Petty und seinem Team von der Ohio State University und wurde 2012 im Fachblatt "Psychological Science“ veröffentlicht.
Weitere Infos zu dem Thema:
http://sciencev2.orf.at/stories/1708583/index.html
http://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0956797612449176
http://www.planet-wissen.de/gesellschaft/medizin/psychosomatik/pwiedernoceboeffekt100.html
https://www.welt.de/gesundheit/article127875906/Wie-die-Psyche-eine-Therapie-verhindern-kann.html